Warum frühes Aufstehen deinem Kind schadet

why rising ealy harms your child
Seiteninhalt
Lesedauer: 6 Minuten

Kannst du dich an deine Schulzeit erinnern? Und daran, ob du morgens gut aus den Federn kamst? 

Ich bin eigentlich kein Langschläfer, aber gerade im Winter tat mir das Aufstehen regelrecht physisch weh. Ich hab mir als Kind dazu keine großen Gedanken gemacht. „Ist halt so“, dachte ich. Und dann die ganzen klugen Sprüche: „Da musste ich früher auch durch.“ Ok. 

Später als Mutter hab ich mich gefragt, warum kleine Kinder morgens im Dunkeln an der Straße stehen müssen, um auf den Schulbus zu warten. Ist das im Grundschulalter meist noch maximal mit Nörgeln der Kinder verbunden, spielen sich in vielen Familien noch vor dem Frühstück regelmäßig Dramen ab, wenn die Kinder in die Pubertät kommen. Meiner Lisa musste ich in der 8ten Klasse morgens um sechs Uhr regelmäßig den Arztbesuch androhen, damit sie aufsteht, denn sie hatte jeden Morgen ja sooooo schlimme Bauchschmerzen und konnte deswegen ja gar nicht aufstehen.  Tja, ein harmonischer Start in den Tag wie in der Ramawerbung sieht definitiv anders aus. 

Und ganz ehrlich, die ganzen Sprüche a la „Das war schon immer so“, „Da mussten wir alle durch“, das hat noch niemandem geschadet, lass ich nicht gelten. Das ist eben alles andere als Ok.  

Die Wissenschaft ist sich mittlerweile einig, dass Jugendliche gar nicht früh aufstehen können und gleichzeitig fit sind. Na, zumindest nicht alle. 

Aber gucken wir uns das mal genauer an. 

I. Warum Teenager länger schlafen müssen

1. Das Schlafbedürfnis von Kindern und Jugendlichen

Neugeborene schlafen bis zu 18 Stunden am Tag. Das Schlafbedürfnis nimmt bis zum Eintritt ins Schulalter stetig ab und liegt bei GrundschülerInnen bei zehn bis zwölf Stunden und bei SchülerInnen ab der weiterführenden Schule bei acht bis zehn Stunden. So kann man es in vielen Tabellen im Netz lesen. Empirisch gemessen mag dies auch stimmen. Leider wird dabei nicht berücksichtigt, dass bei den 14- bis 18-jährigen das Schlafbedürfnis durchschnittlich wieder zunimmt, wie neue Studien zeigen. Wenn dein Kind im Grundschulalter also mit zehn Stunden Schlaf auskam und in der 5. Klasse nur noch neun Stunden Schlaf brauchte, so bedeutet das nicht, dass ihm in der 8. Klasse jetzt acht Stunden Schlaf genügen. Im Gegenteil. Es ist gut möglich, dass sich dein Kind ebenso wie meine Lisa plötzlich wieder jeden Morgen aus dem Bett reißen muss, wo es früher fröhlich pfeifend aus eben diesem hüpfte. 

Über die Hälfte der Kinder im Übergang zur Pubertät im Alter von 10 bis 14 Jahren bekommen zu wenig Schlaf und wünschen sich nach einer Studie von Strauch und Meier*1 1,7 Stunden mehr Schlaf vor Schultagen.

2. Schlafphasenverschiebung

Jugendliche gehen gerne spät ins Bett. Früh zu Bett gehen wird verhindert von Treffen mit Freunden, von zu langem Fernsehen oder Zocken. Sollen sie doch einfach früher ins Bett gehen, wenn sie morgens nicht ausgeschlafen sind, oder? 

Leider ist es komplizierter, denn mit Eintritt der Pubertät spielen die Hormone verrückt. Und dies führt zu einer Schlafphasenverschiebung. 

Das Einschlafen vor Mitternacht fällt Teenagern schwer, weil ihr Melatoninspiegel erst gegen 23 Uhr und später ansteigt. Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus steuert. Niedriger Melatoninwert bedeutet, wir sind hellwach, und bei einem hohen Wert haben wir das Bedürfnis zu schlafen. Blaues Licht von Rechnerbildschirm und Co erschwert die Melatoninausschüttung – ganz klar – ist aber nicht die Ursache. 

Nicht nur, dass Teenager später müde werden, auch fällt ihnen das Einschlafen schwerer und der Schlaf zu Beginn der Nacht ist leichter. Diese Schlafphasenverschiebung führt dazu, dass die nächtliche Hauptschlafzeit von Mittel- und OberstufenschülerInnen zwischen drei und acht Uhr morgens liegt. Bei den meisten Jugendlichen klingelt der Wecker also genau in der wichtigsten Schlafzeit. Manche sitzen sogar schon in der Schule, wenn sie eigentlich noch ins Bett gehören. Ein „sozialer Jetlag“ laut Wittmann*2 mit verheerenden Folgen. Es häufen sich Schlafschulden an und es entwickelt sich ein unregelmäßiger Schlafrhythmus (Taillard *3), weil die Jugendlichen am Wochenende versuchen, ihr Schlafdefizit auszugleichen. Leider fällt es ihnen umso schwerer, ihren späteren Wochenend-Schlafrhythmus wieder zurück auf den frühen Schulrhythmus einzustellen (*5 Dahl & Lewin), wie sicherlich viele Eltern gerade Montag morgens feststellen. 

II. Die Folgen von zu wenig Schlaf bei Teenagern

1. Tagesmüdigkeit und Konzentrationsmangel

Ich muss so 15 oder 16 Jahre alt gewesen sein, als ich in eher langatmigen Unterrichtsstunden saß und kaum die Augen aufhalten konnte. Schon auf dem Schulweg konnte ich es kaum erwarten, mich Zuhause endlich wieder ins Bett zu legen, um zwei, manchmal auch drei Stunden tief und fest zu schlafen. Vielleicht ging es dir ja auch so. Diese Tagesschläfrigkeit hat ein, zwei Jahre meiner Pubertät geprägt und nicht gerade zu großer Schullust geführt. Dummerweise führt Tagesschläfrigkeit zu Konzentrationsschwächen. Ein schöner Teufelskreis, denn gute Noten sind so nur mit einem immensen Willen und viel innerer Motivation zu erlangen. Nicht die herausstechenden Eigenschaften müder Teenager. 

2. Lernen durch ausreichend schlafen – wenig lernen durch zu wenig schlafen

Wie viel du schläfst, wirkt sich direkt darauf aus, wie viel Wissen du dir merken kannst. Natürlich gilt das auch für dein Kind. Was aber, wenn dein Kind nun jeden Schultag 2 Stunden zu wenig schläft. Warum das so ist erklärt dir Vera Birkenbihl in diesem kurzen Videosehr viel anschaulicher als ich: Lernen durch Schlaf optimieren | Vera F. Birkenbihl #short #shorts – YouTube

3. Ein erhöhtes Stresslevel 

Laut dem deutschen Ärzteblatt leidet fast jeder zweite Schüler unter Stress *6. Schlaf spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Stress, weil das Gehirn Erfahrungen und Emotionen des Tages während des Schlafens verarbeitet. Es werden dabei verschiedene physiologische Prozesse in Gang gesetzt, die den Körper und das Gehirn regenerieren. Stresshormone wie Kortisol, die während des Tages ansteigen können, werden während des Schlafs abgebaut. Und auch das Nervensystem wird von deinem Schlaf beeinflusst. Das autonome Nervensystem, insbesondere das parasympathische Nervensystem, ist für die Entspannungsreaktion des Körpers verantwortlich und kann stressinduzierte Reaktionen wie Angst, Nervosität, Reizbarkeit oder Konzentrationsproblemen reduzieren. Dies hilft gerade Kindern und Jugendlichen, die Stressoren des Tages zu verarbeiten und die emotionale Balance wiederherzustellen.

4. Emotionales Unwohlsein

Ich hab mal irgendwo gelesen: „Pubertät ist wie Geisteskrankheit“. Plakativ, sicher. Aber wer kennt sie nicht? Diese Monster, die sich in deinem Kind verstecken. In einem Moment zuckersüß und im nächsten – scheinbar ohne Anlass – ein echter Kotzbrocken. Was wäre, wenn Schule dazu beitragen würde, dass dieser Zustand abgemildert wird. Der Himmel auf Erden für viele geplagte Eltern. 

Es ist ganz einfach: Schlaf ist entscheidend für die Fähigkeit deines Kindes, seine Emotionen zu regulieren. Zu früher Schulbeginn führt zu Schlafmangel und Schlafmangel kann zu erhöhter Reizbarkeit und emotionalen Ausbrüchen führen. Wenn dein Kind ausreichend schläft, ist es besser in der Lage, Emotionen zu verarbeiten und angemessen zu reagieren. Auch ist Schlafmangel mit einem erhöhten Risiko für psychische Gesundheitsprobleme bei Kindern verbunden, an denen weltweit 10-20% der Kinder und Jugendlichen leiden. Dazu gehören Angstzustände, Depressionen und Stimmungsstörungen. Ausreichender Schlaf fördert dagegen eine positive Stimmung und das allgemeine psychische Wohlbefinden.

Gut ausgeschlafen erhöht sich auch die soziale Kompetenz deines Kindes. Es ist in der Lage, empathischer und verständnisvoller auf andere Menschen zu reagieren, was seine sozialen Beziehungen und Interaktionen verbessert.

Fazit

Das frühe Aufstehen und der Schulbeginn am Morgen können nachhaltige Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen haben. Wissenschaftler haben diese Thematik ausführlich untersucht und festgestellt, dass Schlaf einen entscheidenden Einfluss auf Stressreduktion und das emotionale Wohlbefinden von Kindern hat. Hier nochmal die Hauptpunkte:

Das Schlafbedürfnis von Kindern und Jugendlichen: Das Schlafbedürfnis von Kindern ändert sich im Laufe ihrer Entwicklung. Während Grundschulkinder noch etwa zehn bis zwölf Stunden Schlaf benötigen, steigt das Schlafbedürfnis bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren durchschnittlich wieder an. Diese Veränderungen werden oft übersehen, und Jugendliche sind gezwungen, sich früh morgens aus dem Bett zu quälen, obwohl sie tatsächlich mehr Schlaf benötigen.

Schlafphasenverschiebung: In der Pubertät erleben Jugendliche eine Verschiebung ihrer biologischen Uhr. Ihr Körper produziert das Schlafhormon Melatonin später am Abend, was es schwer macht, früh ins Bett zu gehen. Die Schlafphasenverschiebung führt dazu, dass Jugendliche während der Morgenstunden, wenn die Schule beginnt, in ihrer wichtigsten Schlafphase sind. Dies führt zu einer Art „sozialem Jetlag“ und einem unregelmäßigen Schlafrhythmus.

Die Folgen von zu wenig Schlaf bei Teenagern: Zu wenig Schlaf bei Jugendlichen kann zu Tagesmüdigkeit, Konzentrationsmangel, schlechterem Lernen und einem erhöhten Stresslevel führen. Jugendliche sind anfällig für emotionale Ausbrüche, Reizbarkeit und soziale Schwierigkeiten, wenn sie nicht ausreichend schlafen. Schlafmangel ist auch mit einem erhöhten Risiko für psychische Gesundheitsprobleme wie Angstzustände und Depressionen verbunden.

Emotionales Wohlbefinden und soziale Kompetenz: Gut ausgeschlafene Kinder sind besser in der Lage, ihre Emotionen zu regulieren und angemessen auf Stressoren zu reagieren. Sie sind in der Lage, empathischer und verständnisvoller auf andere Menschen zu reagieren, was ihre sozialen Beziehungen und Interaktionen verbessert.

Insgesamt zeigt die Forschung, dass ein zu früher Schulbeginn, der nicht den veränderten Schlafbedürfnissen von Jugendlichen entspricht, erhebliche negative Auswirkungen auf ihre körperliche und psychische Gesundheit haben kann. Daher ist es wichtig, Schulzeiten und den Zeitpunkt des Schulbeginns so zu gestalten, dass sie den Schlafbedürfnissen und der biologischen Uhr von Kindern und Jugendlichen gerecht werden, um ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu fördern.

Und genau darauf nehmen wir bei UNBRICKED Rücksicht. Unser Schultag startet für jede Klasse um 9:30 Uhr (UTC +1 im Winter/ UTC +2 im Sommer). Dein Kind kann mit Müsli und Kakao in der Schlafanzughose mit ungeputzten Zähnen sitzen, wenn es das möchte. Wichtig für den Lernerfolg ist nur, dass es wach und aufmerksam ist. Und keine Angst – dein Kind verlottert deswegen nicht. Spätestens nach Ende der Pubertät wird es sich ganz von selbst geduscht, frisiert und gut gekleidet der Welt präsentieren wollen. 😉 

*1 Strauch I, Meier B 1988. Sleep need in adolescents: a longitudinal approach. Sleep 11: 378– 386.

*2 Wittmann M, Dinich J, Merrow M, Roenneberg T 2006. Social jetlag: misalignment of biological and social time. Chronobiology International 23: 497–509.

*3 Taillard J, Philip P, Bioulac B 1999. Morningness/eveningness and the need for sleep. Journal of Sleep Research 8: 291–295.

*4 Bearpark H, Michie P 1987. Changes in morningness-eveningness scores during adolescence and their relationship to sleep/wake disturbances. Chronobiologia 14: 151

*5 Dahl RE, Lewin DS 2002. Pathways to aldolescent health: sleep regulation and behavior. Journal of Adolescent Health 31: 175–184.

*6 Fast jeder zweite Schüler leidet unter Stress (aerzteblatt.de) 

Werde Teil unserer ersten beiden Pilotklassen und gestalte die Zukunft der Bildung mit!

Jeder Anfang ist bekanntlich schwer. Aber nicht nur das! Jeder Anfang bietet auch viele besondere Chancen. Nicht nur für uns, sondern besonders für unsere SchülerInnen und ihre Eltern.

In unseren ersten beiden Pilotklassen hast du die Möglichkeit, eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Zukunft von UNBRICKED zu spielen!

Als großes Dankeschön haben wir ein ganz besonderes Angebot für dich!